Ich habe gestern morgen Helmut Schinagls Jugendroman „Die dunklen Flöten des Herbstes – Der Lebensroman des Dichters Georg Trakl“ zu Ende gelesen.
(Beide Zitate aus Schinagl)
Mit beeindruckenden Worten beschreibt Schinagl das (kurze) Leben Trakls: seinen Schreibdrang, seine Selbstzweifel, seine psychische Instabilität, seine Unfähigkeit, einen Beruf auszuüben, seine letzten Tage im Militärhospital in Krakau. Offenbar aus Rücksicht vor der jugendlichen Leserschaft wird das Thema Rauschmittel nur sehr vorsichtig angeschnitten, es wird auch ausgelassen, daß Trakl an Kokain starb – nicht an einem „Schlafpulver“, wie Schinagl formuliert. Dennoch gibt es keine manifeste Kritik am Buch: Jugendliche, die sich mit der Person Trakls befassen möchten, sollten mit diesem Roman beginnen, bevor sie (später) Sachliteratur über Trakl lesen. Die Zerrissenheits in Trakls Wesen bringt Schinagl in Worte, die die Ausweglosigkeit nachfühlen lassen. Darüber hinaus werden aber z.B. auch die Farbnamen erläutert, die bei Trakl symbolisch für Begriffe oder Gefühle stehen (z.B. weiß für das Jenseitige, Reine), so daß man beim eigenen Lesen eine Hilfe an der Hand hat.
In „The Turn of the Century“ (Hrsg. v. Chapple und Schulte) kann man im Aufsatz „Georg Trakl – Poetry and Psychopathology“ noch ein wenig das psychisch Deviante in Trakls Wesen ergründen. Die Ärzte bestätigten ihm ‚Dementia praecox‘, das ist ein veralteter Begriff für die Schizophrenie. Der Autor des Aufsatzes, Francis Michael Sharp, schreibt: „There is indeed madness in Trakl’s poetry, a madness which, like all others, pursues its own lines of reasoning and which, in turn, the reader himself must pursue.“
Schinagls Roman ist m.W. nur noch antiquarisch erhältlich.