Im Frühjahr 2010 schrieb ich im alten Blog, daß es im Sommerurlaub nach Fischland / Darß / Zingst gehe, der beliebten Ferienregion an der Ostsee auf der Halbinsel im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Diese Ecke Deutschlands hatte ich bereits bei einem Rügen-Urlaub 2000 schätzen gelernt. Damals war ich alleine im März für zwei Wochen in Sellin und habe die gesamte Insel erkundet. Nur Baden war eher etwas für „Iron Men“. Über den Darß habe ich recht viel bei meiner Beschäftigung mit der Lebensreform gelesen, Schwerpunkt Naturismus. Gerade die Westküste (Weststrand, Regenbogencamp Prerow…) galt seit Anfang des 20. Jahrhunderts als „FKK-Paradies“ (Spiegel-Artikel mit Verweis auf Lutz Thormann: Schont die Augen der Nation!, Zum Verhältnis von Nacktheit und Öffentlichkeit in der DDR, Magisterarbeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2007 – sowie auf Hagen Friedrich: Baden ohne, FKK zwischen Mövenort und Talsperre Pöhl, VEB Tourist Verlag Berlin Leipzig, 1982.)
Man sollte hier fein unterscheiden: Nudismus ist Nacktsein pur, einfach um des Nacktseins willen. FKK ist Nudismus mit einem gewissen Gemeinschaftsaspekt (Baden, Camping, Vereine …). Naturismus hingegen, um den es mir geht, ist Nacktheit in einem anspruchsvollen Verbund mit weitergehenden, lebensreformerischen Zielen und Einstellungen, z.B. dem Licht- und Sonnenbad, der Ökologiebewegung, dem Vegetarismus, einer Zurück-zur-Natur-Einstellung usw.
Magnus Weidemann schrieb in Körper und Tanz (Rudolstadt (Greifenverlag), 1925): „Nacktheit ist Wahrheit, weiter nichts! So ist sie das Gegebene in der einsamen Natur, wo kosmische Menschendaseinsfreude vielleicht vor der Sonne ganz allein, oder im Winde, im Dämmern, ja im Dunkel, ohne daß ein einziger anderer zuschaut, ihr eigenes Lied oder Gebet an die Allheit tanzt. Oder wo zwei oder drei versammelt sind im Licht und im Lichtgeist reiner, wahrhaftiger Naturandacht. Oder wo – am Meeresstrand, in der Heide, im Garten, im feierlich-schlichten Innenraum – unter solchen Gefährten, die alle reines Herzens sind in gleicher Ehrfurcht und Vertrautheit und Liebe zum gottgeschaffenen Menschentum, kein fremdartig Denkender die Weihestunde stört.“
Ich war sehr gespannt auf den Urlaub und hoffte, daß das Wetter mitspielen würde. Das tat es einigermaßen gut, jedenfalls wesentlich besser als einige Jahre später in Dänemark. Die Ostsee war natürlich recht kühl, dafür die Luft aber warm. Wir suchten uns nördlich von Zingst schöne Plätze am FKK-Strand, der umso weniger überlaufen war, je weiter man sich vom Ortskern entfernte. Natürlich besuchten wir auch den Darßer Weststrand.
Fotoimpressionen am Ende dieser Seite!
Hier noch mein damaliger „after-action“-Bericht nach der Rückkehr von der schönen Ostsee:
„In der vergangenen Nacht sind wir nach einer neuneinhalbstündigen Fahrt (Staus zwischen Hamburg und Bremen, danach ging es) wieder zuhause eingetroffen.
Schön war es … Das Wetter, das bei einem Urlaub an der „Waterkant“ ja immer zuerst erwähnt werden muß, hat mitgespielt, auch wenn es als „durchwachsen“ zu bezeichnen ist. Sonnentage wechselten sich ab mit bewölkten, windigen Episoden. Strandwetter gab es reichlich, aber halt eben nicht immer.
Wir waren im „Wellness Camp Düne 6“ (wo morgen die „Two Country Man’s“ (sic!) auftreten), einem modernen, großen Campingplatz am östlichen Ortsrand von Zingst. Allerdings haben wir die Einrichtungen (Naturschwimmhalle, Sauna- und Fitnessbereich, Massage- und Kosmetikangebote) des Platzes nicht genutzt, da wir in der Ostsee schwimmen waren – und die Tage auch so schon schnell genug vorbei waren.
Stichwort Baden: Bei 17 oder 18°C kann das Baden in der Ostsee von einer angenehmen Abkühlung zur Mutprobe werden, aber interessanterweise haben unsere Jungs das gar nicht so gesehen: die sind auch am Abend noch ins Wasser gesprungen.
Die Strandabschnitte sind so gegliedert, daß im Bereich des jeweiligen Ortszentrums Textilstrände (von unserem Jüngsten wortakrobatisch als ‚Fenistilstrand‘ bezeichnet) dominieren, während weiter außerhalb so gut wie ausschließlich FKK-Strände (vom selben Jüngsten einfach als „Nackischstrand“ benannt) existieren bzw. auch ausgeschildert sind, so z.B. die Zingster Strandübergänge 1-3, wo man auch an sonnigen Tagen noch sehr ruhige Plätzchen finden kann. Das gleiche gilt auch für den (berühmten) Darßer Weststrand: hier herrscht FKK vor; und je weiter man sich von Nord (Darßer Ort) nach Süd bzw. von den Arenshooper Stränden nach Norden bewegt, desto ruhiger wird es.
Zu diesem Thema habe ich heute einen sehr schönen Artikel in der Berliner Morgenpost von Claudia Rusch gefunden: Körperkult – FKK und die nackten Tatsachen an der Ostsee.
Obwohl ich zum Thema FKK – auch vor dem Hintergrund der neulich durch die Blogosphäre gegeisterten Meldung über das (zahlenmäßige) Ende der Freikörperkultur – noch einen längeren Artikel vorbereitet habe, möchte ich doch kurz Ruschs Artikel zitieren, weil mir das ähnlich aufgefallen ist:
Das ist sehr treffend ausgedrückt. Auch mir ist unklar, wieso sich bekleidete Personen (und nicht nur Badehose / Bikini, sondern knielange Jeans, T-Shirt usw.) ganztägig an den FKK-Strand setzen und dabei ihre Kippen rauchen.
Fotos:
10 Gedanken zu „Fischland – Darß – Zingst“
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