Im Hinterland von Rovinj, Istrien / Kroatien, findet sich, ca. 3 km vom Meer entfernt, eine bronzezeitliche Höhensiedlung mit Namen Monkodonja / Moncodogno. Sie wird der noch wenig erforschten Kastellierekultur im nördlichen Adriaraum zugeordnet.
Während sich die Siedlungsdichte in Istrien während Jungstein- und Kupferzeit in Grenzen hielt, gab es offenbar eine regelrechte Siedlungsexplosion in der Bronzezeit, die v.a. durch mit Mauern befestigte Bergsiedlungen gekennzeichnet war. Orientiert war diese Kultur am östlichen Mittelmeerraum.
Viele heutige Städte, v.a. im wegen der Farbe der Erde sogenannten „roten Istrien“, haben ihren Ursprung in solchen Bergsiedlungen, z.B. Rovinj, Poreč, Bale, Pula.
Der Name Monkodogna soll im lokalen italienischen Dialekt „Quittenberg“ bedeuten. Von einem früheren bewaldeteren Stadium findet sich heute nur noch eine große Eiche neben niedriger, mediterraner Vegetation mit ganz vielen Disteln und Thymian.
Die Anlage ist oval, ca. 300m lang und 200m breit. Sie liegt zwischen 75 und 81m über Meereshöhe. Das Plateau wurde von Menschenhand geschaffen: die Kalkblöcke liegen horizontal und konnten plattenweise abgetragen werden, woraus dann Baumaterial für Mauern und Häuser entstand.
Dreifach ist Monkodonja gegliedert: Zentral und hoch der Bereich der sogenannten Akropolis, einem Wohnbereich für die Führungselite, darunter eine „Oberstadt“ für Handwerker und noch tiefer eine „Unterstadt“ für Bauern, Viehzüchter usw. Die gesamte Struktur war von einer Mauer umgeben, die drei Teile der Stadt waren jedoch auch mit Mauern voneinander abgegrenzt.
Die Akropolis entstand als erstes, ca. um 1800 v.Chr. Sie war durch kompliziert angeordnete, mehrräumige Häuser gekennzeichnet.
Die umlaufende Stadtmauer stand vermutlich erst ca. 100 Jahre später. Auf der Basis von Knochenfunden ist jedoch auch ein früherer Siedlungsbeginn (2100) vermutet worden.
Die Häuser hatten eine Trockenmauergrundlage, darauf wurde mit Holz, Flechtwerk und Lehmverputz aufgebaut.
Aufgrund der engen Bebauung wird die Einwohnerzahl auf ca. 1000 geschätzt. Somit kommt der Ersteller der Infotafeln auf dem Gelände zum Schluß, daß dies eine „herausragende Großsiedlung mit protourbanen Organisationsformen“ gewesen sei. Interessant ist, daß die Bewohner lt. des Artikels von Sascha Mauel (Uni Kopenhagen, Zur Mehrdeutigkeit der gelochten Femur- und Humeruscapiti des bronzezeitlichen Monkodonja) eher nicht produktiv tätig waren, sondern Waren konsumierten. Mykenische Tonscherben mit Herkunft v.a. Kreta und Zypern belegen den Seehandel mit dem östlichen Mittelmeer, aber die Stadt war auch in den kontinentalen Handel mit dem östlichen Alpenraum eingebunden.
Die Stadt öffnet sich nach Westen, zum Meer hin, mit dem großen, monumentalen Westtor. Im Norden gibt es das früher mit Turm versehene Nordtor, an das sich nach außen hin eine Art steinerner Korridor zum sogenannten „Kultschacht“ (und weiter zu einer vorgelagerten Siedlung) anschloß. Dieser Schacht ist eine ca. 50m vertikal sich im Boden öffnende Karsthöhle, die evtl. kultisch genutzt wurde.
In der Nähe wurde ein Massengrab aus dem 6./7. Jhd. n.Chr. gefunden, das als Zeugnis des Einfalls von Slawen und Awaren gilt.
Monkodonja wurde ca. 1300 / 1100 v.Chr. aufgegeben. Die Seite Megalithic.co.uk gibt hierzu als einzige, von mir gelesene Quelle die Vermutung wieder, daß dies aufgrund des Einfalles „istrischer Stämme“ der Illyrer geschah. Kriegerisch ist es wohl früher schon gewesen, denn allein an der Akropolis können mindestens 6 Bauphasen nachgewiesen werden.
Die Höhensiedlung wurde erst spät entdeckt, nämlich im 20. Jahrhundert. 1953 gab es erste Ausgrabungen im Bereich von Westtor und Akropolis. 1997 wurden die Ausgrabungen von einem multinationalen Team aufgenommen und bis 2007 (?) fotgeführt (Prähist. Institut der FU Berlin, die Philosoph. Fakultät der Universität Ljubljana, das Museum der Stadt Rovinj und dem Archäolog. Museum Istriens in Pula).
Wir haben Monkodonja an einem heißen Tag im August 2013 besucht. Stille lag über dem Plateau, es roch nach Thymian. Die Kinder tollten umher, die Erwachsenen versuchten, sich anhand der mehrsprachigen Infotafeln ein Bild von der ehemaligen Stadt zu machen. Der Blick aufs Meer ist unbeschreiblich schön – ich wäre gerne wesentlich länger oben auf dem Plateau geblieben.
Näher kann man sich über Monkodonja nur in verstreuten wissenschaftlichen Publikationen informieren, z.B. in
- Teržan / Mihovilic / Hänsel: Eine älterbronzezeitliche befestigte Siedlung von Monkodonja bei Rovinj/Istrien, Archäologische Forschungenin urgeschichtlichen Siedlungslandschaften, Regensburger Beiträge zur Prähistorischen Archäologie, Band 5, Regensburg 1998
- Teržan / Mihovilic / Hänsel: Eine protourbane Siedlung der älteren Bronzezeit im Istrischen Karst, Prähistorische Zeitschrift 74 (Berlin, New York 1999)
- Teržan / Mihovilic / Hänsel: Monkodonja – ein kroatisch-deutsch-slowenisches Gemeinschaftsprojekt. Das Bild einer Kastelliere-Siedlung nach neunjähriger Ausgrabung, Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, Band 27, Rahden/Westf. 2006
Weitere Infos: Wikipedia, Übersichts-PDF der TU Berlin, Reisebericht Adriaforum, Reisebereicht Istrien-Live
Als Nachtrag der Youtube-Video – nicht von mir -, das einen schönen Einblick in die erhaltenen Überreste der einstigen Bergsiedlung gibt. Nebenbei: nette Musik, ich mußte schmunzeln, weil ich ständig dachte, gleich taucht hinter einer Steinmauer der ultimative Schurke auf: https://youtu.be/AxlIcKvHkkw