Thema Querdenker und Lebensreform hier im Blog (2021-2022)

Ein Thema vor vorübergehender Löschung des Blogs war die mutwillige Verknüpfung von heutigen „Querdenkern“ mit Protagonisten und Themen der historischen Lebensreform. Was ich dazu ab Dezember 2021 geschrieben habe, ist hier noch einmal in Kürze verlinkt:

Erstmalig schrieb ich im Dezember 2021 nach einem SPIEGEL-Artikel darüber, daß v.a. zwei Autoren – Andreas Speit und Steffen Greiner – offenbar die sogenannten Querdenker auf die historischen Lebensreformer rückbeziehen. In „Querdenkende Lebensreformer?“ griff ich das erneut auf, ebenso in „Wenn’s Greinert und Speit„, kurz und ohne eigene Gedanken zu formulieren.
Zunächst setzte ich mich dann mit Speit auseinander und schrieb zu seinem Buch eine Kurzrezension.
In drei Teilen befaßte sich der Österreichische Rundfunk (Ö1 Radiokolleg) zwischenzeitlich mit dem gleichen Thema, worauf ich Teil für Teil kritisch einging.
Nach langem Ringen mit mir (solche Lektüre führt gern zu Magenbeschwerden und hohem Blutdruck) folgte der Text zu Greiner.

Abschließend arbeitete ich heraus: Es gibt keine dritte Lebensreformbewegung. Damit ist aus meiner Sicht erstmal alles gesagt.

Es gibt keine dritte Lebensreformbewegung

Ende 2021 wurde ich auf die beiden Autoren Speit und Greiner aufmerksam, weil ich Nachrichten auf das Stichwort Lebensreform filtere. Plötzlich war da die Rede von den Querdenkern, den Coronaprotesten – und der Herkunft aus der Lebensreformbewegung. Speit propagiert eine „dritte Lebensreformbewegung“, also die klassische Epoche erweitert um die Alternativbewegung der 70er/80er Jahre. Greiner greift das auf, sieht aber statt drei Wellen eher eine ungebrochene, typisch deutsche „Traditionslinie“ von der Romantik über die Nationalsozialisten und Querdenker hin zu künftigen Mono-Gesellschaften und Blut-und-Boden-Staaten. (Beide Links gehen zu meinen Eindrücken von diesen Büchern.)

Zugegeben: ich war vor den Kopf gestoßen, fühlte mich angegriffen. Ich beschäftige mich lange mit der Lebensreformbewegung, sie ist mir lieb und wichtig geworden. Natürlich weiß ich um die völkischen Elemente, Rassegedanken und ähnliches – das war aber kein Schwerpunkt in meiner Beschäftigung mit der Lebensreform. Ich habe Surén und Ungewitter im Regal stehen, aber das ist nicht „meine Literatur“, wenn ich an Lebensreform denke. Nehmen wir als Beispiel den Naturismus: mich interessiert die Körperkultur, das gute, sportliche Leben, der Einklang mit der Natur. Gar nicht interessiert mich, ob solche sportlich geformten Körper dann für „rassereine“ Nachkommen stehen. Ist nicht mein Thema.

Und hier kommen nun zwei Autoren, die die Lebensreform auf rechts drehen und sie quasi als Sprungbrett sehen: Wie auch immer man springt, mit Drehung oder rückwärts oder kopfüber – man landet immer im Sammelbecken „Querdenker“ = Rechtsextremismus.  „Es gibt keine dritte Lebensreformbewegung“ weiterlesen

Greiner – Die Diktatur der Wahrheit

Auf meinem Lesetisch liegt Greiners „Wahrheit“, ein vom „Inflationsheiligen“ Ludwig Christian Häusser genommener Titel. In die Hand genommen, weggelegt, wieder angelesen, zurück ins Regal gestellt. Ach komm, da muß ich doch mal durch.
[Erste Auflage 2022, Taschenbuch, Tropen-Verlag]

„Greiner – Die Diktatur der Wahrheit“ weiterlesen

Ö1 Radiokolleg – Lebensreform (Teil 2)

Der zweite Teil der dreiteiligen Sendereihe kann nur online angehört werden.

Man hangelt sich lang von Diefenbach und seinen Kommunen, speziell Himmelhof (Ober St. Veit), bis hin zum Monte Verità („aufregendes Laboratorium der Lebensreformbewegung“), der nur kurz angeschnitten wird. Diefenbach wird dabei ganz im „autoritär-utopistischen“ Stil des 19. Jahrdunderts verortet, wohingegen sein „abgefallener“ Schüler Gusto Gräser, einer der Mitgründer in Ascona, individueller und selbstbestimmter gewesen sei, mithin das 20. Jahrhundert repräsentiert habe.

Interessant in dem Zusammenhang: Die Kommune in Himmelhof habe nicht funktioniert, weil viele gescheiterte Existenzen aufgetaucht seien, die „Halt gesucht“ hätten. Das kam mir gleich sehr vertraut vor, weil ich ähnliches in der neuheidnischen Szene der frühen 2000er Jahre erlebt habe.

Zum Schluß dann der für mich nervigste Part – die angebliche Dreiteilung der Lebensreform-Wellen: klassische Phase, 68er/Alternativbewegung – und die Querdenker-Bewegung heute. Mir ging heute morgen durch den Kopf, ob es schlichtweg Unkenntnis der Medien ist, die sie die von zwei Personen forcierte These einer 3. Lebensreformbewegung so kritiklos aufgreifen läßt. Ich habe schon in der Rezension zu Speit geschrieben, daß für mich keine 3. Bewegung aktuell erkennbar ist – das ist, wie zum 1. Teil der Sendereihe geschrieben, ein Diffamierungsversuch staatstreuer Journalisten, der Menschengruppen als spinnert, verschroben, naiv charakterisieren soll, was ursächlich für ein Ende im Faschismus sei.

Lieber Österreichischer Rundfunk: Auch wenn man ExpertSternchenInnen aus Deutschland zu Wort kommen läßt – ein bißchen investigativer darf man schon sein. Warum wird die Aussage zur sogenannten 3. Lebensreform unkommentiert kolportiert? Weil der Herr Greiner der Experte ist? Sorry, das ist für mich ein seichtes journalistisches Niveau.

Nebenbei: so ein bißchen entlarvt sich der Herr Greiner bei seinen Aussagen zu den Grünen. Die hätten am Anfang den Slogan „nicht links, nicht rechts, sondern vorne“ gehabt, was im Grunde ähnlich von Rechtsextremisten gehandhabt werde. Und tatsächlich seien Völkische dabei gewesen, aber „die Grünen“ (also die „guten“ Grünen) hätten schnell eine rote Linie (wahrlich!) gezogen, so daß sich die heute bekannte Partei der „Fundis“ und „Realos“ entwickelt habe. Ach so, dann ist ja alles gut. Klingt harmlos, aber im Grunde könnte man sagen, – das sagt Greiner nicht – sind die Grünen eine weit nach links ausladende Partei geworden. Für manche werden dann die Querdenker zu so etwas wie der Rückkehr von Baldur Springmann – und schlimmeres.

Im Grunde müßte man zunächst beim Begriff der Querdenker anfangen und fragen: wie legitim ist dieser zusammenfassende Terminus? Denn schon hier fängt Diffamierung an: wer sich querstellt, der verweigert sich der guten, geraden, von oben gewünschten Gehweise. Der Wille, Impf- und Coronamaßnahmengegner zu delegitimieren, gesellschaftlich zu ächten, ist ganz klares Programm, wozu man alle als „Querdenker“ in einen Topf wirft, auch die sogenannten „Spaziergänger“. Hat man erst einmal den Begriff der Querdenker, dann bietet sich an, sie an eine ähnlich heterogene Bewegung (Lebensreform) rückzukoppeln, denn die hat ja geradewegs zu Hitler geführt…
Die Agenda ist durchschaubar, sie wird aber willig von der Journaille aufgegriffen. Muß man ja nicht selbst denken, gar querdenken…

Speit – Verqueres Denken (Kurzrezension)

„Der Neger hat also ein starkes Triebleben.“

Auf Seite 167 (des Kindle-eBooks) zitiert Andreas Speit Rudolf Steiner, nachdem er sich schon seitenlang über Anthroposophie, Homöopathie, Waldorfschulen, die Akasha-Chronik und Blavatskys Geheimlehre ausgelassen hat.
Was hat eine person of color und ihr mutmaßlicher Trieb nun mit den Querdenkern und Coronakritikern zu tun? Tja, das ist schwer zu sagen. Es ist das Ergebnis einer artistischen Verknüpfung von nicht zusammenhängenden Dingen…   „Speit – Verqueres Denken (Kurzrezension)“ weiterlesen