Der Winter ist da

Heute Abend stand wieder Stocklauftraining an, also „Nordic Walking“ mit Tempo und dem Ziel, die Ausdauer zu trainieren. Im Stockdunkeln zog ich mich warm an, draußen liegt Schnee. Mit den dicken Winterhandschuhen komme ich kaum in die Schlaufen der Stöcke, und der dicke Schal um den Hals läßt mich stocksteif in der Kälte stehen. Das Thermometer zeigt -8°C. Das ist ja noch gemäßigt, man darf nicht klagen.
Dann im Wald: alles ist still, eine weiße Winterlandschaft, Ruhe, die Sterne leuchten über uns, die Schuhe knirschen im Schnee, die Stöcke machen einen ganz anderen Knirschlaut, die Stirnlampe leuchtet munter 10m voraus.
Unser Atem steht vor den Mündern, das Gesicht ist eisekalt, Wasser gefriert in meinem Bart. Aber ansonsten ist es warm, ich friere nicht, genieße den Abend, sammle Kraft für die Kämpfe, die ich am Horizont für die nächsten Wochen aufziehen sehen kann.
Freiheit – ein ganz großes Wort, aber alles – auch große Worte – fängt klein an – nämlich genau dort im Dunkeln, wo wir durch den Wald laufen.
Die Gedanken gehen zurück zu den Sommertagen, an denen ich mit T-Shirt bekleidet durch den gleichen Wald lief, das dunkle Grün der Buchen als Decke wahrnahm, die mich schützt und einhüllt. Ich schwitzte, der Stoff war naß, ich lachte, holte weit aus und schritt mit noch mehr Intensität meinem Ziel entgegen.
Anders der Lauf in dunkler Winternacht: Ich bin das Leben, das über das Land geht, bin ein stückweit Wilder Jäger, ich lebe, während alles unter weißer Decke schläft oder gar stirbt. Ich trage mein Leben über den Schnee, widerstehe Kälte und Tod in weißer Einsamkeit. Ich bin Garant dafür, daß im Frühjahr neues Leben aus jeder Knospe sprießen wird. Mein federnder Schritt ist Widerstand.