Leben nach eigenem Gesetze

„Da heißt es, einmal, und sei es auch nur für kurze Zeit, in die Stille zu gehen, sich abzuschließen von aller Außenwelt – und auch die liebsten Menschen sind Außenwelt dabei – um sich selbst, seinen Rhythmus, seine Eigenart, seine geistige Selbständigkeit zu finden. Einsamkeit – und wäre es nur für einige Tage – braucht der Mensch, der sein Leben nach eigenem Gesetze leben will. Denn dies Gesetz muß erst gefunden werden unter den Schlacken, mit denen es Alltagsansprüche überschütteten.“

[Th. Mülhause-Vogeler, Freie Lebensgestaltung]

Bitte (Th. Mülhause-Vogeler)

Mit einem Gedicht der FKK-Vorreiterin, deren Buch über Freie Lebensgestaltung ich hier kurz vorstellte, verabschiede ich mich ins Wochenende:

Ich bitte, nimm mein Herz in Deine Hände und mach es still.
Gib meiner müden, bangen Not die Wende, daß es nichts will.
Gib, daß es, was an Glück ihm ward gegeben, ermessen kann.
Schenk‘ ihm, daß es, was ihm versagt im Leben, vergessen kann.

[Therese Mülhause-Vogeler, in: Stunde zwischen Tag und Traum, Regensburg 1961 – netterweise ein von der Autorin handsigniertes Exemplar]

Valentinstag oder: Naturismus und Erotik revisited

Meine Frau hatte mich zum Valentinstag zu einer „erotischen Lesung“ in einem Restaurant mit Vier-Gänge-Menü eingeladen. Der Schauspieler, der den Abend gestaltete, trug zwei Kurzgeschichten und mehrere Lieder vor. Er beklagte sich darüber, wie schwer es sei, erotische Geschichten zu finden: man solle einmal nach „erotische Kurzgeschichte“ „gugeln“, dann erhielte man fast ausschließlich pornographische Texte. Die erste Geschichte um das Thema sensorische Deprivation (Augenbinde) als Stimulus – sie war wirklich sehr schön.

Leider hieß die 2. Geschichte „Der FKK-Urlaub“ – und ich wußte gleich, was ich zu erwarten hatte, nämlich die übliche Verknüpfung von FKK und Sex, auch wenn, ja, wenn es hier ein bißchen durchdachter war, obgleich der Vortragende zwei Seiten mit eher pornographischen Beschreibungen ausließ, diese aber „zum Nachlesen“ später ins Publikum gab.

In Kürze: 5 Paare machen gemeinsam mit Kindern Urlaub in Ungarn am Balaton. Zwei Frauen schneiden das Thema FKK an, da es in der Nähe ein FKK-Gelände gibt. Man setzt sich mit dem Thema auseinander: Oben ohne sonnen ist ja auch vor den anderen Mitreisenden OK, aber „alles ohne“?! (Ich gestehe gerne, daß ich dieses Problem so nie kannte, weil „alles“ ist ja nur ein kleiner Teil (oder größerer) des Körpers, nichts besonderes, obgleich so massiv mit Schamgefühlen besetzt.)  „Valentinstag oder: Naturismus und Erotik revisited“ weiterlesen

Neue Bücher (2)

buch011Ein paar neue Bücher erweitern meine Bibliothek, über die ich gern kurz berichten möchte.

Da ist Arno Vossens „Sonnenmenschen“ mit dem Untertitel „Sechs Jahrzehnte Freikörperkultur in Deutschland“. Vossen ist ein Pseudonym von Hermann Wilke, der ein prominenter Vertreter einer „faschistischen Freikörperkultur“ gewesen sei, wie es in Möhrings „Marmorleiber“ (Böhlau, 2004) heißt. Sinnigerweise erwähnt „Vossen“ im o.g. Werk sein eigenes Buch „Dein Ja zum Leibe“, das 1939 erschienen ist und die Zustimmung des rassepolitischen Amtes der NSDAP fand (a.a.O.), ohne Nennung eines Autors. Grundsätzlich ist das DIN-A5-Heft mit gerade mal knapp 40 eng und klein bedruckten Seiten aber ein guter Überblick über das Thema. Ich habe es bislang nur auszugsweise gelesen, daher nur als Eindruck: Vossen geht stark auf die organisatorische Seite der FKK ein – wann welcher Verein auftauchte, sich teilte, wieder verschwand usw. „Neue Bücher (2)“ weiterlesen