Fast jeder wird bereits irgendetwas über das Tarot (ich sage „das Tarot“, weil ich die Gesamtheit der Karten, das Tarotdeck, meine; eigentlich müßte man „der Tarot“ sagen) gehört haben: sei es nur, daß es sich um eine Art Kartenspiel handelt, sei es, daß es mit Kartenlegen und Orakel verbunden wird.
Und vermutlich war in dieser Abfolge auch die Entstehung des heutigen Tarots: ausgehend von ersten Erwähnungen in Verbotserlassen durch die Kirche (1367 wurde in Bern die Benutzung des „Gebetbuchs des Teufels“ verboten, 1378 in Regensburg – als Beispiele) wurde es zunächst vermutlich nur als reines Kartenspiel genutzt bzw. aus reinen Kartenspielen entwickelte sich das, war wir als Tarot kennen, was v.a. für die 56 Karten der sogenannten „kleinen Arkana“ gilt. Mit Hinzufügung der „großen Arkana“, weiterer 22 Karten, festigte sich die Form des Tarot mit nun 78 Karten im 16. Jahrhundert. Was die Herkunft angeht, geht die Vermutung tendenziell in den Orient, bei den kleinen Arkana in Richtung islamische Welt, obwohl man den genauen Ort bzw. die Kultur nicht näher bestimmen konnte. Die ältesten, noch heute erhaltenen Karten stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert (Visconti-Sforza-Tarot).
In den großen Arkana (von arcanum, Geheimnis), die von 0 bis 21 mit römischen Ziffern nummeriert werden, kann man einen archetypischen Einweihungsweg sehen; dazu gibt es ein einflußreiches Buch von Hajo Banzhaf: Die Reise des Helden. Die kleinen Arkana teilen sich in vier, den Elementen Wasser, Erde, Feuer und Luft zugeordneten Sätze auf: Wasser – Kelche, Erde – Münzen (oder Pentagramme), Feuer – Stäbe, Luft – Schwerter.
Als Urform des modernen Tarot kann das Tarot de Marseille gelten. 1910 erfolgte eine Veränderung mit der Herausgabe des Rider-Waite-Tarots, bei dem nun alle Karten bebildert waren. Vorher traf dies nur auf die großen Arkana sowie die Hofkarten (Bube, Ritter, König, Königin) zu. Das Rider-Waite sowie das 1944 erstmalig als Buchillustration erschienene Crowley-Tarot bilden die Basis für die Mehrzahl heutiger Tarotdecks. Da sowohl Arthur Edward Waite als auch seine Zeichnerin P. Colman-Smith Mitglieder des Ordens „Golden Dawn“ waren, ist das Rider-Waite-Tarot von dessen Lehren beeinflußt.
Nebenbei schuf Waite eine bis heute andauernde Kontroverse: er tauschte in seinem Tarot die Plätze von Gerechtigkeit (VIII) mit der Kraft (XI). Viele Autoren moderner Decks übernahmen dies, andere lehnten es massiv ab. Siehe dazu diesen Text bei Albideuter.
Auch einige Bezeichnungen der großen Arkana wurden gegenüber dem Marseiller Tarot geändert, so wurde aus der Päpstin die Hohepriesterin, aus dem Papst der Hierophant. Ähnlich änderte Crowley die Hofkarten: Aus dem König (Marseille, Waite) wurde der Ritter, aus dem Ritter der Prinz und aus dem Buben die Prinzessin.
Man verwendet Tarotkarten, indem man mehrere (oder alle) in einem Legesystem oder Legebild auslegt.
Viele moderne Autoren gehen dabei nicht davon aus, daß die Karten tatsächlich die Zukunft vorhersagen können, sondern daß sie unterbewußte Persönlichkeitsaspekte ansprechen, die uns helfen, mehr Klarheit zu einer Frage oder Lebenssituation zu erhalten. Der Text bis hierhin basiert hauptsächlich auf der informativen Seite von Susanne Schöfer sowie dem umfangreichen Wikipedia-Artikel zum Tarot. Nebenbei: Es gibt auch eine TarotPedia.
Ich habe mir in den 80er Jahren ein Tarot de Marseille gekauft, konnte aber mit der Bebilderung nichts anfangen, sie „sprach“ nicht zu mir. Das war ganz anders, als ich 2010 die Möglichkeit hatte, das DruidCraft-Deck des britischen Druiden Carr-Gomm anzuschauen: ich kaufte es zwar nicht, aber ich behielt im Hinterkopf, doch irgendwann noch einmal nach einem zu mir passenden Tarotdeck zu suchen.
Dies fand ich Anfang 2012 in dem einfach nur als großartig zu bezeichnenden Deck von Anna Klaffinger. Die Zeichnungen wirken förmlich spürbar auf mein Unterbewußtsein, das habe ich so noch nicht vorher erlebt. Auf der Seite der Autorin wie auch der äußerst umfangreichen Seite (mit Darstellung einer Vielzahl von Sets) von Thomas Alberts kann man sich die Karten ansehen. Gerade Albideuter bietet die Möglichkeit, sich eine Karte herauszugreifen und sie in der Darstellung von 100 oder mehr Decks zu vergleichen – eine unglaubliche Arbeit steckt in der Seite.
Man kann eine Unmenge von Büchern zum Thema kaufen. Das muß aber nicht unbedingt sein, denn man kann z.B. mit den Deutungen anfangen, die Anna K. ihrem Deck beilegt (und die auch im Netz nachlesbar sind; alternativ auch die schöne Seite Feuerfunke). Ich habe mir dann noch das Buch „Im Dialog mit den Bildern des Tarot“ von Lilo Schwarz gekauft, das ich wärmstens empfehlen kann. Es geht ausschließlich vom Rider-Waite aus, rückt die Gerechtigkeit wieder auf Platz VIII und hat eine psychologische Herangehensweise. Das ist im übrigen auch mein Interesse am Tarot: ich will nicht „orakeln“, keine Zukunftsdeutung betreiben, sondern mit den archetypischen Kräften, die die Karten zeigen, meine Persönlichkeit ergründen. Daß es Synchronizitäten gibt, merke ich allerdings intensiver beim Tarot als bei anderen Systemen, die ich zu einem Zeitpunkt in meinem Leben kennengelernt habe (Runen, I Ging).