1925 kam der UFA-Film „Wege zu Kraft und Schönheit“ von Wilhelm Prager in die Kinos. Kraft und Schönheit, zwei programmatische Begriffe für die ersten Dekaden des letzten Jahrhunderts.
Der schöne Mensch war einerseits der nackte, andererseits der körperlich trainierte. Licht-, Luft- und Sonnenbäder florierten, die Freikörperkultur entstand, jedoch war sie – mehr als heute – mit einem ideologischen Überbau (der jedoch kein geschlossenes Konzept bot) versehen: FKK bedeutete mehr als Nacktheit, nämlich Gymnastik, Körperübungen, Tanz, aber auch Ernährungs- oder Kleiderreform. Dies alles verwob sich zu dem so attraktiven Konglomerat „Lebensreform“.
Vorbild war v.a. die griechisch-römische Antike, aber auch die Germanen kommen im Film kurz vor. Im Wikipedia-Artikel zum Film wird kritisch darauf verwiesen, daß der Körperkult, die „Vergötzung“ des Körpers als Vorbereitung auf den nationalsozialistischen Körperkult gesehen werden kann. Das dort angeführte Zitat aus dem Lexikon des Internationalen Films schlägt in die gleiche Kerbe, genüßlich auf die Rückwärtsgewandtheit eingehend.
Erneuerung war jedoch das Stichwort, eine – wir würden heute sagen: ganzheitliche – Veränderung des menschlichen Bewußtseins und damit der Körperlichkeit, die im Slogan „Zurück zur Natur“ nur rudimentär erfaßt ist. Es ist schade, wenn ein solcher Film heute vorwiegend unter dem Aspekt betrachtet wird, daß er etwas darstellt, das auch im Nationalsozialismus eine Bedeutung hatte. Vor allem wird man damit der Vielseitigkeit des Films nicht gerecht. Neben historischen Rückblicken (Sport bei den Griechen, das römische Bad, der Sprung über sechs Pferde bei den Germanen) werden unzählige Sport- und Gymnastikarten vorgestellt, insbesondere Tanz (auch verschiedener Kulturen) und Pantomime werden sehr intensiv und mit langen Darbietungen gezeigt. Was seinerzeit Rang und Namen in der Sport- und Lebensreformwelt hatte, kommt vor: J.P. Müller, Bess Mensendieck, Niddy Impekoven, Mary Wigman usw. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen werden teils in Echtzeit, teils in Zeitlupe gezeigt; sie werden den Film hindurch von erklärenden Texttafeln begleitet.
Ganz interessant finde ich, daß mehrfach auf den Wechsel zwischen (körperlicher) Anspannung und Entspannung eingegangen wird, ein Prinzip, das mein Tai-Chi-Lehrer letzte Woche noch gesondert herausgegriffen und erläutert hat.
Ich hatte zunächst ein Youtube-Video eingebettet, den ersten Teil des auf sechs Videos aufgeteilten Films. Diese Filme wurden von Youtube entfernt, weil sich eine Filmstiftung beschwert hatte. Man findet den Film aber doch immer wieder, einfach mal die Youtube-Suche bemühen. Wer noch etwas tiefer in die Materie eintauchen will, der findet in diesem PDF-Dokument zeitgenössische Rezensionen zum Film (Deutsches Filminstitut; Link heute leider tot).
Der Film endet mit den Worten: „… so eröffnete die neue Liebe zum Freiluft-Leben den königlichen Weg zu Kraft und körperlicher Schönheit in einem neuen Zeitalter.“
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